SPD muss Verantwortung übernehmen und Opposition führen
25-09-2017 Nach dieser langen Wahlnacht und den Monaten des Wahlkampfes bleibt mir vor allem eines zu sagen: Danke! Ich danke meinen Genossinnen und Genossen, die für eine starke SPD, für mich und ein gutes Ergebnis in unserem Wahlkreis über Wochen und Monate alles gegeben haben. Und ich danke meinen vielen Unterstützerinnen und Unterstützern auch außerhalb der Partei. Ohne Euch und ohne Sie wäre dieser Wahlkampf nicht möglich gewesen.
Das Wahlergebnis spricht eine deutliche Sprache: Trotz der vergangenen vier Jahre guter Arbeit für die Menschen in unserem Land und trotz Mobilisierung aller Kräfte der SPD haben wir unser großes Wahlziel, Dr. Angela Merkel als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland abzulösen, nicht erreicht. Der Auftrag zur Regierungsbildung liegt bei den Unionsparteien CDU und CSU.
Gemessen am Ergebnis der Bundestagswahl 2013 hat die SPD überproportional viele wichtige politische Projekte in den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU verhandelt. Nicht nur der Koalitionsvertrag, sondern auch die darauf folgende Arbeit der Koalition hat eine klar sozialdemokratische Handschrift getragen. Die SPD war der politische Motor der Koalition. Und wir haben in der Großen Koalition viel für unsere Gesellschaft erreicht: Der Mindestlohn, die Frauenquote für Aufsichtsräte, mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit dem ElterngeldPlus, das Bundesteilhabegesetz, die Unterstützung der Kommunen bei der Integration von Flüchtlingen, die Ehe für alle – das sind noch nicht einmal alle sozialdemokratischen Erfolge in der hinter uns liegenden Legislatur. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben Wort gehalten und viele unserer Versprechen mit denen wir 2013 in den Wahlkampf gezogen sind, umgesetzt.
In diesem Jahr sind wir mit Martin Schulz als Kanzlerkandidat angetreten um Dr. Angela Merkel als Bundeskanzlerin abzulösen. Denn auch wenn es Deutschland insgesamt gut geht, profitieren längst nicht alle Menschen in unserem Land vom wirtschaftlichen Aufschwung der letzten Jahre. Im Gegenteil: Sowohl die Schere bei der Einkommens- als auch der Vermögensverteilung öffnet sich immer weiter. In vielen Bereichen stehen wir vor großen und grundlegenden politischen Herausforderungen, so in der Renten-, der Steuer- und der Gesundheitspolitik. Weil insgesamt zu wenig in unsere Zukunft investiert wird, gibt es nach wie vor bei der Infrastruktur, der Bildung, der Digitalisierung und der Sicherheit einen massiven Investitionsstau. Nach wie vor sind viele Kommunen auf eine enorme Unterstützung des Bundes angewiesen. Die europäische Einigung bröckelt und unsere Gesellschaft erlebt ein lange nicht dagewesenes Ausmaß an Hass, Hetze und Gewalt, das unsere Demokratie gefährdet. Wir sind mit konkreten Konzepten und dem Versprechen angetreten für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft zu sorgen und genau diese grundlegenden Herausforderungen anzugehen. Als Demokratinnen und Demokraten müssen anerkennen, dass wir das dafür nötige Mandat der Wählerinnen und Wähler nicht erhalten haben.
Gerade in den beschriebenen Politikfeldern sehe ich aktuell keine Basis für eine erneute Zusammenarbeit mit den Unionsparteien CDU und CSU für die Legislatur 2017 bis 2021. Die Unionsparteien haben an diesen Stellen nicht nur in der vergangenen Legislatur blockiert, sondern auch in ihren Wahlprogrammen klar gemacht, dass ein Vorankommen in den grundlegenden politischen Fragen unserer Zeit mit ihnen nicht machbar ist. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen zu unserer staats- und gesellschaftspolitischen Verantwortung. So war es in der Vergangenheit und so wird es in der Zukunft sein. Die Bereitschaft diese Verantwortung zu übernehmen hat uns nicht immer nur Lob eingebracht. Ich persönlich sehe es nach dieser Bundestagswahl als unsere staats- und gesellschaftspolitische Pflicht an, die Opposition im Deutschen Bundestag zu führen. Mit dem Einzug der sogenannten Alternative für Deutschland in den Deutschen Bundestag stehen wir vor einer ernsthaften Herausforderung unserer parlamentarischen Demokratie. Ihr würde es langfristigen und großen Schaden zufügen, wenn diese in weiten Teilen rechtsradikale Partei die Rolle als Oppositionsführerin für ihre Zwecke missbrauchen könnte. Unsere Aufgabe liegt nun darin, eine gleichzeitig starke und verantwortungsvolle Oppositionsfunktion mit Martin Schulz an der Spitze einzunehmen. Ich bin überzeugt, dass unsere Demokratie und unsere Gesellschaft davon langfristig profitieren werden.