Planung statt Planspiel
04-09-2017 - Nach dem Abitur stehen den Schülern viele Türen offen: Sie können eine Weltreise angehen, sich vom überstandenen Schulstress erholen oder sie absolvieren ein Praktikum bei einer Bundestagsabgeordneten. Ich bin Johannes Leitgeb (18) und war in den letzten vier Wochen Praktikant im Wahlkreisbüro von Martina Stamm-Fibich in Erlangen. Wenn Sie sich nun die Frage stellen: „Was treibt einen jungen Menschen dazu, ein Praktikum bei einer Politikerin zu absolvieren?“, dann lassen Sie mich es Ihnen erklären.
Im Jahr 2016 nahm ich als Nachwuchsjournalist am Planspiel „Zukunftsdialog“ der SPD-Bundestagsfraktion teil. Am letzten Tag im Bundestag begrüßte mich Martina Stamm-Fibich und lud mich ein, ihr Büro zu besichtigen. Dort erzählte sie meiner Mitredakteurin Anastasia Stark und mir von ihrer Arbeit als Abgeordnete. Sie betonte die Wichtigkeit der jungen politischen Generation und sprach uns daher das Angebot aus, ein Praktikum in einem ihrer Büros zu absolvieren. Ich war sofort interessiert, denn es ist eine spannende Idee, das Leben einer Bundespolitikerin miterleben zu können.
Ich sah mich in meinen Vorstellungen schon durch die Glaspaläste Berlins wandeln. Deutsche Politik konzentrierte sich schließlich in der Schule und in meinen Gedanken auf Plenumsdebatten unter der großen Kuppel. Als klar wurde, dass ich das Praktikum aus zeitlichen Gründen im Wahlkreisbüro in Erlangen absolvieren würde, war mein Interesse zwar genauso groß, aber ich wusste nicht, was mich erwarten würde. Ich begleitete Martina Stamm-Fibich auf ihre Termine: Von einem Vortrag bei den IG-Metall-Gewerkschaftssenioren in Herzogenaurach über das Straßenfest in Heroldsberg bis hin zu Fotoshootings ging es durch den gesamten Landkreis.
Stets habe ich mit der Kamera festgehalten, was Politik ausmacht. Ein guter Politiker zu sein bedeutet, nah an den Menschen zu bleiben und sich in ihre verschiedenen Perspektiven hineinzudenken. Diesem Grundsatz folgend ging es für mich nach den Terminen daran, die Veranstaltungen für die Homepage bildlich und textlich nachzubereiten. Ein sehr eindrucksreicher Tag war für mich der Besuch von Barbara Hendricks, der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, in Erlangen.
Sie besichtigte das ehemalige Jugendzentrum Frankenhof. Die Sanierung des Kulturpunkts wird mit Bundesmitteln unterstützt. Ein Regierungsmitglied persönlich zu sehen, führt natürlich zum aufregenden Gefühl der einmaligen Gelegenheit. Ich habe gleichzeitig aber auch erlebt, wie viel Engagement und Arbeit hinter der Organisation einer solchen Veranstaltung steht. Der Kalender eines Regierungsmitglieds wie Barbara Hendricks ist nahtlos gefüllt, doch auch Martina Stamm-Fibich besucht täglich zahlreiche Veranstaltungen in ihrem Wahlkreis.
Ein weiterer Bereich meines Praktikums war es daher, die Terminabsprache zu verwalten. Ein Politiker erhält viele Einladungen und Anfragen, die im Wahlkreisbüro eintreffen. Es war meine Aufgabe, die Termine zu sammeln, Martina Stamm-Fibich vorzulegen und anschließend ab- oder zuzusagen. Hier konnte ich einen Einblick in die vielen sehr verschiedenen Veranstaltungen werfen, die eine Bundestagsabgeordnete wahrnimmt und die weit vom Eindruck des Elfenbeinturms entfernt sind.
Abschließend möchte ich Martina Stamm-Fibich für die Möglichkeit danken, das Praktikum in ihrem Wahlkreisbüro zu absolvieren. Ich habe nicht nur viel gelernt, sondern auch stets das Gefühl gespürt, dass meine Arbeit und meine Stimme Wertschätzung finden. Ich kann hier nur wenige Aufgaben nennen, die mir in den vier Wochen meines Praktikums zugekommen sind. Der Alltag im Wahlkreisbüro ist so herausfordernd und spannend wie im Bundestagsbüro. Das Leben eines Politikers besteht fest aus beiden Komponenten. Mehr als es vielleicht in Berlin der Fall gewesen wäre, hat das Praktikum daher mein Verständnis von Demokratie erweitert. Für mich bedeutet Demokratie, dass sich jeder Mensch darum bemüht, sich auf andere Meinungen einzulassen und sie zu respektieren, auch wenn er selbst anderer Ansicht ist.
Dazu ist es notwendig, den Kontakt zu den Menschen im Land zu suchen. Willy Brandt sagte 1968: „Wir brauchen die Herausforderung der jungen Generation, sonst würden uns die Füße einschlafen.“ Damit auch in Zukunft junge Stimmen die Politik mitbestimmen, möchte ich jedem anderen jungen Menschen daher ans Herz legen, sich zu engagieren. Tretet für Eure Interessen ein, hört auf andere Ideen, bildet Eure Meinung. Und überlegt Euch, ob ihr nicht nach der Weltreise ein Praktikum in der Politik angehen wollt!