Neue Kenntnisse nutzen – Grippeschutz stärken
02-02-2018 In den letzten Tagen steht die Grippeschutzimpfung im besonderen Fokus der Öffentlichkeit. Anlass ist eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom 11. Januar die sogenannte Dreifachimpfung gegen Influenza für alle Versicherten gegen eine Vierfachimpfung zu ersetzen.
In der öffentlichen Diskussion entstand der Eindruck, dass gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten gegenüber Privatversicherten benachteiligt werden, da die Vierfachimpfung zum jetzigen Zeitpunkt in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird. Ich setze mich dafür ein, dass auch gesetzlich Versicherte möglichst schnell von der Vierfachimpfung profitieren. Was sind die Fakten? Darum geht es in diesem Beitrag.
Wie funktioniert die Grippeschutzimpfung?
Der Impfstoff, der jährlich gegen Influenza entwickelt wird, enthält sowohl Antigene gegen Influenza-A als auch gegen Influenza-B. Influenza-A ist die für den Menschen gefährlichere Form des Virus.
Daher enthalten sowohl der bislang genutzte Drei- als auch der Vierfachimpfstoff Antigene gegen Influenza-A-Varianten. Die beiden Impfstoffe unterscheiden sich dadurch, dass der Dreifachimpfstoff nur ein Antigen gegen Influenza-B enthält, der Vierfachimpfstoff jedoch auch hiervon zwei. Die jeweilige Zusammensetzung des Impfstoffs ist abhängig von den aufgetretenen Typen der Vorsaison. Die Wahrscheinlichkeit eines besseren Schutzes steigt durch die Hinzunahme eines zweiten Antigens gegen Influenza-B jedoch in jedem Fall. Die gegenwärtige Grippewelle wird überwiegend durch einen Influenza-B-Typ ausgelöst, der im diesjährigen Impfserum nicht abgedeckt wird.
Der jährliche Impfstoff wird jeweils in den ersten Monaten des Jahres für die darauf folgende Grippesaison entwickelt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entscheidet dann bereits im Februar gegen welche Virenstämme, also jene des Typs B, die Impfung wirken soll. Das ist notwendig um den Impfstoff in ausreichender Menge produzieren zu können.
Grundlage sind dabei die Erfahrungswerte der vorangegangenen Jahre. Grippeviren sind sehr wandlungsfähig. Die nötige vorzeitige Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes ist deshalb schwierig. Ein hundertprozentiger Schutz ist nicht möglich. Im vergangenen Jahr dominierte noch ein Typ der Influenza-A, der für den Menschen gefährlicher ist als Typ B. Die nun grassierende Variante des Typs B ist im aktuellen Impfstoff nicht abgedeckt ist. Die gefährlicheren Typ A-Viren sind jedoch auch im Dreifachimpfstoff abgedeckt. Da Verträge mit den Produzenten des Impfstoffes geschlossen werden und diese den Impfstoff herstellen müssen, ist der fast einjährige zeitliche Vorlauf jedoch unvermeidlich.
Gesetzlich Versicherte dürfen nicht benachteiligt werden
Die Fachkräfte der Stiko (
https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/stiko_node.html) haben den Dreifach- und Vierfachimpfstoff bis zu ihrer Entscheidung am 11. Januar als gleichwertig bewertet. Basis der Bewertung durch die Stiko sind dabei immer aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse.
Der Vierfachimpfstoff ist zudem erst seit der Grippesaison 2013/14 in Deutschland verfügbar. Der gemeinsame Bundesausschuss G-BA (
https://www.g-ba.de/), der unter Mitwirkung aller Beteiligten im Gesundheitswesen in Selbstverwaltung Entscheidungen trifft, wird nun binnen drei Monaten, also bis spätestens zum 10. April darüber entscheiden, den Vierfachimpfstoff in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzunehmen. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle in der Vergangenheit hat der G-BA die Empfehlungen der Stiko eins zu eins übernommen. Es gibt daher keinen Anlass anzunehmen, dass er die Empfehlung in diesem Fall nicht übernehmen wird. Die verbreitete Ansicht, dass Versicherte der GKV hier schlechter gestellt werden, ist also unbegründet. Viel mehr findet jetzt eine nötige Anpassung an die neuen Möglichkeiten, der erst seit 2013 verfügbaren Vierfachimpfung, statt. Auch in vielen anderen europäischen Ländern setzen die dort zuständigen Impfkommissionen noch auf den Dreifachimpfstoff. Deutschland sollte nun vorangehen und die Kosten der Vierfachimpfung als Leistung der GKV übernehmen. Die Verwendung des Vierfachimpfstoffes ist bereits jetzt möglich, wenn dies durch den behandelnden Arzt medizinisch begründet wird. Darüber hinaus übernehmen erste gesetzliche Kassen bereits generell die Kosten des Vierfachimpfstoffes für Risikogruppen, etwa über 60-Jährige, chronisch Kranke und Schwangere.
Begründung der Stiko
Die Stiko beziehungsweise das Robert-Koch-Institut gehen nach Modellrechnungen davon aus, dass mit dem Vierfachimpfstoff in Deutschland jedes Jahr im Durchschnitt 270.000 Grippeerkrankungen verhindert werden können und mehr als 100.000 Arztbesuche unnötig würden. Zudem könnten wohl mindestens 1.000 Klinikeinweisungen wegfallen, höchstwahrscheinlich mehr. Klar ist aber, dass auch der Vierfachimpfstoff keinen hundertprozentigen Schutz garantiert. Obwohl auch die Vierfachimpfung keinen einhundertprozentigen Schutz garantiert, sollte sie daher in jedem Fall auch schnellstmöglich den gesetzlich Versicherten zur Verfügung gestellt werden.
Zahl der Grippeimpfungen muss steigen
Neben der Entscheidung über die Kostenübernahme des Vierfachimpfstoffes ist es wichtig die Anzahl der Impfungen generell zu erhöhen. Das ist die Voraussetzung für einen umfassenden Schutz der Bevölkerung. Die jährliche Durchimpfungsrate liegt laut Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) jährlich bei nur etwa 35 Prozent. Die Weltgesundheitsorganisation /WHO) sieht einen wirksamen Schutz jedoch erst bei mindestens 75 Prozent als gegeben an. Wichtig ist dies vor allem für Patientinnen und Patienten, die bereits durch anderen, meist chronische Krankheiten geschwächt sind. Durch die Impfung weiter Teile der Bevölkerung verringert sich deren Ansteckungswahrscheinlichkeit. Experten raten, besonders für Risikogruppen, auch jetzt noch zur Grippeimpfung für diesen Winter. Ich appelliere daher an Sie Impfungen gegen Grippe, aber auch gegen andere Krankheiten zu nutzen. Zu Ihrem eigenen Schutz und zum Schutz von Menschen mit schwächerem Immunsystem – sie sind auf den „Herdenschutz“ angewiesen.
Vierfachimpfung muss die Regel werden
Ich setze mich für die Übernahme der Kosten der Vierfachimpfung durch die gesetzlichen Krankenkassen ein. Die gesetzlich versicherten Bürgerinnen und Bürger müssen möglichst bald wissen, ob die Vierfachimpfung von ihrer Kasse übernommen wird. Ich bin zuversichtlich, dass der G-BA zeitnah über die Übernahme der Empfehlung der Stiko entscheiden wird und die Kosten für die Vierfachimpfung für alle Mitglieder der GKV übernommen werden. Begrüßen würde ich eine Entscheidung noch im Februar um den verbesserten Schutz für die kommende Impfsaison für alle bereitstellen zu können.