EU-Abgeordneter Lange informiert über TTIP
Die Diskussionen um die Freihandelsabkommen TTIP und CETA hat in den letzten Monaten immer mehr Fahrt aufgenommen. Um die Genossinnen und Genossen auf den neuesten Stand der Verhandlungen zu bringen, lud der Bezirk Mittelfranken seine Mitglieder zu einer Diskussionsrunde ins Haus des Handwerks in Erlangen ein. Mit Bernd Lange, dem zuständigen Berichterstatter für die SPD im Europaparlament und Vorsitzenden des Handelsausschusses, war einer der profiliertesten TTIP und CETA-Experten als Gastredner vor Ort.
„Keiner kennt sich wohl besser mit dieser Thematik aus", sagte der Fürther Bundestagsabgeordnete und Bezirksvorsitzender Carsten Träger. Träger beugte Befürchtungen vor, dass das TTIP-Abkommen kurz vor dem Abschluss stehe: „Im Jahr 2015 wird mit Sicherheit keine Entscheidung fallen." Im Gegensatz zu TTIP liegt das CETA-Abkommen mit Kanada ausverhandelt vor, mit einer deutschen Übersetzung des 1600 Seiten umfassenden Regelwerks ist aber nicht vor dem Frühjahr 2016 zu rechnen. „Das vorliegende Manuskript ist eine Rohversion. Ich kann jetzt schon sagen, dass es in der aktuellen Form im EU-Parlament keine Zustimmung finden wird", stellte Lange klar.
Die Verhandlungen zu TTIP, die seit 1,5 Jahre laufen und bei denen „der Teufel im Detail stecke" (Lange) verglich der EU-Abgeordnete mit einem „Schiff in stürmischer See". Zu lange wurde aus den Verhandlungen eine Geheimniskrämerei gemacht, ein Abschluss des Abkommens ist für Sozialdemokraten nur denkbar „wenn absolute Transparenz herrscht und alle Dokumente veröffentlicht werden", lautete einer der Kernaussagen des 59-Jährigen.
Im Bundestag zeichnet sich jetzt bereits eine klare Haltung zu TTIP ab. Während die Linke und Bündnis 90/Die Grünen das Freihandelsabkommen strikt ablehnen, ist die große Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion dafür. Die SPD knüpft ihre Entscheidung an ganz zentrale Verhandlungspunkte. „Wir müssen schauen ob etwas geht, wenn nicht, dann werden wir Nein sagen. Die Probleme der wirtschaftlichen Entwicklung in der EU lassen sich nicht durch Handelsverträge lösen, sondern nur mit einer anderen Wirtschaftspolitik. Für uns ist es wichtig, in Zeiten der Globalisierung Lohn- und Preisdumping zu verhindern", sagte Lange, der vier rote Linien als zentrale Knackpunkte für die Sozialdemokraten in den Verhandlungen aufzählte.
Die SPD beharrt auf dem Schutz des geistigen Eigentums, zum Beispiel auf die geschützte geographische Herkunftsbezeichnung. Ein Schwarzwälder Schinken muss auch als solcher in den USA vertrieben und deklariert werden, umgekehrt dürfte ein Produkt aus den Vereinigten Staaten nicht einfach das Gütesiegel eines regionalen Produkts annehmen. Lange sprach sich auch strikt dagegen aus, dass Gesetzesentwürfe aus den Federn von Interessengruppen stammen. „Die Gesetzgebung muss bei den gewählten Parlamenten bleiben und nicht die Hände von Lobbyisten gelangen." Genauso so schwer wiegt die Thematik der außergerichtlichen Schiedsstellen. „Es darf nicht sein, dass Anwälte, die sogar Unternehmen beraten, als Schlichter für Verfahren eingesetzt werden", sagte Lange. „Arbeitnehmerrechte müssen gesichert sein. Essentielle Bausteine wie die Einführung von Betriebsräten in Unternehmen oder die Bezahlung nach Mindestlohnstandards sind für die Vereinigten Staaten bislang kein Thema. Die USA sollten sich verpflichten die ILO-Standards zu ratifizieren und umzusetzen.
„Ein CDU-Abgeordneter sagte vor kurzem zu mir: Du kannst doch so ein wichtiges Projekt nicht an Chlorhühnchen und Betriebsräten scheitern lassen", erzählte Lange und konterte: „Doch, das können wir. Wir wollen kein Abkommen für Wirtschaftsbosse, sondern eins für die Arbeitnehmer." Lange forderte die Genossen auf, den Fokus der Diskussion auch auf die anderen Parteien zu lenken. Die Tatsache, dass CDU/CSU bedingungslos für das Abkommen sind, werde in der öffentlichen Diskussion viel zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen und nicht kritisch genug hinterfragt.
Da bislang auch nicht ansatzweise ausverhandelte Verträge vorliegen, rief Lange zur Besonnenheit auf. „Im Moment bewegt sich wenig, das liegt aber vor allem an den USA. Sollte vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen nichts mehr passieren, müssen wir aufgrund der politischen Neuausrichtung sowieso mit einer langen Pause rechnen."