Neuregelung der Hospiz- und Palliativversorgung
09.11.2015 - Mit Verbesserungen in der Palliativ- und Hospizversorgung will die Große Koalition Menschen in ihrer letzten Lebensphase unterstützen. Unheilbar Kranke und alte Menschen sollen besser und individueller betreut werden. Dabei geht es vor allem darum, ihre Schmerzen zu lindern und ihnen Ängste vor dem Sterben zu nehmen.
Augenblicklich gibt es in Deutschland im Bereich der Palliativ- und Hospizversorgung 1500 ambulante Dienste, 195 stationäre Hospize, neun Kinderhospize und 250 Palliativstationen. Darüber hinaus engagieren sich 100.000 Ehrenamtliche in der Begleitung Schwerkranker und Sterbender.
Am 5. November hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (
18/5170,
18/6585) beschlossen. Neben den Koalitionsfraktionen hat auch die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen für das Gesetz gestimmt.
Wichtiger Schritt für weiteren Ausbau der Palliativmedizin
Immer noch würden 50 Prozent der Menschen, in Deutschland in einem Krankenhaus zum Teil unter Einsatz der so genannten Gerätemedizin sterben und jeder dritte Mensch in einer Pflegeeinrichtung, erläuterte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach in der Debatte. Die meisten Patienten, Angehörigen, aber auch viele Ärzte wüssten zu wenig über Palliativmedizin und Hospize. Hier werde jetzt besser beraten. Lauterbach wies zudem darauf hin, dass die Palliativmedizin und die Versorgung in Hospizen durch die Behandlung von Symptomen das Leben der Schwerstkranken häufig verlängere, und das bei besserer Lebensqualität als bei den wesentlich teureren Chemo-Therapien mit all ihren Nebenwirkungen. „Das Gesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt für den Aufbau der Palliativmedizin“, betonte Lauterbach.
„Diejenigen, die am Ende ihres Lebens unsere Hilfe brauchen, dürfen wir nicht alleine lassen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis. Dieser Grundgedanke habe die parlamentarische Beratung des Gesetzes geprägt. Mit dem Gesetz werde die Palliativmedizin auch in Krankenhäusern unterstützt, die weit über den medizinischen Beistand hinausginge. Mattheis wies darauf hin, dass ganz bewusst entschieden wurde, die Hospize nicht zu 100 Prozent durch die gesetzliche Krankenversicherung zu finanzieren, sondern weiter auf Finanzierung durch Spenden und Ehrenamtliche zu setzen, um geschäftsmäßige Hospize zu verhindern.
Die Beauftragte für die Belange von Patientinnen und Patienten der SPD-Fraktion, Helga Kühn-Mengel
, machte deutlich, dass seit Beginn der 2000er-Jahre in der Palliativ- und Hospiz-Versorgung wichtige Fortschritte gemacht worden seien. Untersuchungen belegten auch, dass sich bei einer guten Palliativversorgung die Zahl derjenigen verringere, die zum Sterben in ein Krankenhaus gingen. Die SPD-Abgeordnete Bettina Müller verwies darauf, dass vor allem in ländlichen Gegenden Palliativ- und Hospizangebot fehlten, hier sehe das Gesetz nun vor, dass die Krankenhäuser mit multiprofessionellen Palliativ-Teams zusammenarbeiten können. Diese Teams bestehen z. B. aus Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Seelsorgerinnen und Seelsorgern.
Das regelt das Gesetz:
Die Palliativmedizin soll Bestandteil der Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden. Um die Qualität in der Palliativversorgung zu verbessern, Ärztinnen und Ärzte zusätzlich zu qualifizieren und die Netzwerkarbeit mit anderen an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen und Einrichtungen zu fördern, sollen Ärzteschaft und GKV zusätzlich vergütete Leistungen vereinbaren.
Die sogenannte Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) soll flächendeckend verbreitet werden. Die Krankenkassen werden dazu verpflichtet, die Patientinnen und Patienten bei der Auswahl von Angeboten der Palliativ- und Hospizversorgung individuell zu beraten.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland – GBA) soll in seiner Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege die einzelnen Leistungen der Palliativpflege konkretisieren.
Die finanzielle Ausstattung stationärer Kinder- und Erwachsenen-Hospize soll verbessert werden. Dazu soll der Mindestzuschuss der Krankenkassen ansteigen. Für Hospize soll der Tagessatz pro betreutem Versicherten um 25 Prozent von derzeit rund 198 Euro auf rund 261 Euro erhöht werden. Außerdem werden die Krankenkassen künftig 95 Prozent statt wie bisher 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten tragen. Bei Kinderhospizen übernimmt die Krankenkasse bereits heute 95 Prozent. Dass der Eigenanteil in Höhe von fünf Prozent beibehalten werden soll, entspreche dem Wunsch der Hospizverbände. Denn so werde sichergestellt, dass der Charakter der vom bürgerschaftlichen Ehrenamt und Spenden getragenen Hospizbewegung erhalten bleibe, heißt es.
Die Zuschüsse für ambulante Hospizdienste sollen neben den Personalkosten auch die Sachkosten berücksichtigen (z. B. Fahrtkosten der ehrenamtlichen Mitarbeiter). Darüber hinaus soll ein angemessenes Verhältnis von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern sichergestellt werden. Außerdem soll die ambulante Hospizarbeit in stationären Pflegeeinrichtungen stärker berücksichtigt werden. Krankenhäuser sollen Hospizdienste mit Sterbebegleitungen auch in ihren Einrichtungen beauftragen können.
Sterbebegleitung soll auch Bestandteil des Versorgungsauftrages der gesetzlichen Pflegeversicherung werden. Pflegeheime sollen dazu Kooperationsverträge mit Haus- und Fachärzten abschließen. Ärztinnen und Ärzte, die sich daran beteiligen, erhalten dafür eine zusätzliche Vergütung. Außerdem sollen Pflegeheime und Einrichtungen für Behinderte ihren Bewohnern eine Planung zur individuellen medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und seelsorgerischen Betreuung in der letzten Lebensphase organisieren können. Auch diese Leistungen sollen von den Krankenkassen finanziert werden.
Zur Stärkung der Hospizkultur und Palliativversorgung in Krankenhäusern ist vorgesehen, dass für Palliativstationen krankenhausindividuelle Entgelte mit den Kostenträgern vereinbart werden, wenn das Krankenhaus dies wünscht.