Ferkelkastration: Ohne Kompromiss kein Fortschritt für den Tierschutz
08-11-2018 Die
SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit der
Unionsfraktion über die Verlängerung der Übergangsfrist zur betäubungslosen Kastration von Ferkeln geeinigt. Diese Einigung hat zu einigen Diskussionen und Kampagnen von Tierschutzorganisationen geführt, die einseitig auf die Verlängerung der Übergangsfrist abstellen, die sie strikt ablehnen. Es ist verständlich, dass dieses Thema viele Menschen bewegt und polarisiert. Gleichzeitig ist klar: Ohne Kompromiss gäbe es gar keinen Fortschritt für den Tierschutz – ein einfaches Verbot hätte das Problem lediglich ins Ausland verlagert.
2013 wurde in einer Änderung des Tierschutzgesetzes die betäubungslose Kastration verboten und gleichzeitig eine Übergangsfrist bis 31.12.2018 geschaffen. Das zuständige
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat seitdem nichts unternommen, um Betäubungsmethoden, die einfach durchführbar sind und gleichzeitig effektiv betäuben, anwendungsreif zu machen.
Was wurde konkret im Gesetzentwurf vereinbart?
Die SPD-Bundestagsfraktion stand im Oktober diesen Jahres vor der Entscheidung: Entweder gefährden wir durch das Auslaufenlassen der Übergangsfristen vor allem kleine und mittlere Ferkelzuchtbetriebe in ihrer Existenz - denn dann wären im Ausland gezüchtete Ferkel nach Deutschland importiert worden, die mit Methoden kastriert worden sind, die dem deutschen Tierschutzgesetz nicht entsprechen. Oder wir stimmen einer Fristverlängerung zu, die die Existenz der Ferkelzüchtenden in Deutschland sichert und holen bei den Verhandlungen wichtige Punkte für den Tierschutz heraus.
Die Fraktion hat sich im Sinne des Tierschutzes für letzteres entschieden. Mit dem Gesetz wird rechtssicher festgelegt:
- Spätestens zum 31.12.2020 ist Schluss mit betäubungsloser Kastration. Der Freistaat Bayern hatte im Bundesrat sogar eine Verlängerung bis 2023 gefordert.
- Das Bundeslandwirtschaftsministerium wird mit einer zum 30.05.2019 vorzulegenden Rechtsverordnung zum Handeln verpflichtet wird, nachdem es über Jahre hinweg durch Nichtstun eine unsichere Situation für die Ferkelzüchtenden herbeigeführt hat.
- Der hohe Tierschutz-Standard von NEULAND (Betäubung mittels Masken) wird zukünftig bundesweit als praxistaugliche Alternative zur Verfügung stehen.
- Es wird eine Informationskampagne durchgeführt werden, damit auch andere Alternativen wie die Ebermast oder Impfung (Immunokastration) eine realistische Chance am Markt bekommen.
- Es wird Unterstützung für die Ferkelzüchtenden bei der Einführung der neuen Betäubungsmethoden geben.
- Es wird eine Informationskampagne und ein Förderprogramm zur Unterstützung bei der Anschaffung der Narkosegeräte geben, um vor allem kleine und mittlere Betriebe zu unterstützen.
- In einem Entschließungsantrag wird festhalten, dass wir nun endlich auch beim Kupieren von Schwänzen und Enthornen von Tieren den Ausstieg einläuten.
Hintergrund zu den Vereinbarungen
Um sicherzustellen, dass das BMEL die Zeit bis Ende 2020 für eine Klärung auch tatsächlich nutzt, enthält der Gesetzentwurf detaillierte und verbindliche Vorgaben an das BMEL. So stellt die SPD-Fraktion sicher, dass Ferkelzüchtende nicht erneut im Stich gelassen werden.
Die Narkosemethode, die NEULAND anwendet, wird als praxistaugliche Alternative zur Verfügung stehen (Inhalationsnarkose mit Isofluran). Durch entsprechende Verpflichtungen wird es in der Übergangszeit notwendige arzneimittelrechtliche Zulassungen für Narkosemittel und die Konzeption entsprechender Schulungen für Landwirtinnen und Landwirte geben.
Erfreulicherweise haben einige Einzelhandelsketten bereits öffentlich bekannt gegeben, dass sie in ihrer Einkaufspolitik auch Fleisch aus der Ebermast und der Immunokastration (Impfung) akzeptieren werden.
Ein großes Problem bei der Impfung gegen Ebergeruch sind vor allem die fehlenden klaren und einheitlichen Aussagen zur Abnahme von geimpftem Schweinefleisch. Der
Bundesverband Praktizierender Tierärzte weist darauf hin, dass die Impfung gegen Ebergeruch zurzeit nicht möglich ist, da die notwendigen Arzneimittel gerade nicht geliefert werden können.
Bei der Ebermast gibt es für die Landwirtinnen und Landwirte zu wenige Abnahmegarantien durch den Lebensmitteleinzelhandel, da das Fleisch zurzeit schwerer vermarktbar ist. Auch hier bedarf es einer Informationskampagne.